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Auskunftsrechte unter Miterben

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von Harald Rieger



Zum Erben kann niemand gezwungen werden. Wenn man als Erbe berufen ist, kann man die Erbschaft nämlich ausschlagen. Hat man aber die Erbschaft angenommen, gilt der Grundsatz: ‘Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen – Miterben leider auch nicht!‘

Besonders schwierig kann es werden, wenn ein Erbe ohne Absprache mit den anderen auf den Nachlass zugreift oder den Nachlass sogar komplett abwickelt. Mit einem solchen Fall hatte sich Ende letzten Jahres das Oberlandesgericht Saarbrücken zu befassen.


Sachverhalt

Dort hatte die Witwe des Erblassers nach dessen Tod ohne Absprache mit den weiteren Erben erhebliche Geldbeträge vom gemeinsamen Konto abgehoben und Gegenstände aus der Wohnung entfernt. Sie behauptete, alle erbrechtlichen Angelegenheiten mit einem Verwandten der Klägerin geregelt zu haben. Die anderen Erben forderten nun von ihr eine detaillierte Aufstellung darüber, was sie mit dem Nachlass getan hat.


Rechtliche Grundlage

Grundsätzlich steht einem Erben gegenüber den anderen Miterben kein Auskunftsanspruch über den Bestand des Nachlasses zu. Solche Auskünfte muss sich der Erbe in der Regel selbst beschaffen.

Wenn aber - wie in dem zu entscheidenden Fall die Witwe – ein Erbe faktisch die Abwicklung des Nachlasses übernommen hat, wird er als eine Art Verwalter ("Geschäftsführer ohne Auftrag") für den Nachlass betrachtet. Er ist dann verpflichtet, den Miterben umfassende Auskunft zu geben. Diese beinhaltet insbesondere die Erstellung eines vollständigen Bestandsverzeichnisses, also einer Übersicht über das gesamte geerbte Vermögen und die Schulden.


Kernaussagen der Entscheidung

  • Die Witwe muss detailliert darlegen, was sie mit dem Erbe gemacht hat, insbesondere mit den aus der Wohnung entfernten Gegenständen.

  • Allgemeine oder vage Aussagen (z.B. "alles wurde geklärt" oder "die Gegenstände gehören mir") reichen nicht aus.

  • Wenn Angaben offensichtlich unvollständig sind, besteht ein Anspruch auf Ergänzung der Auskunft.

(OLG Saarbrücken, Beschluss vom 03.12.2024, Az. 5 W 77/24)


Praxistipp

Oft verfügt der Ehegatte über eine Vollmacht, die auch über den Tod hinausreicht. Juristisch gibt die Vollmacht nur die Möglichkeit, nach außen hin (z.B. gegenüber der Bank) rechtswirksam zu handeln. Die Vollmacht bedeutet aber nicht, dass man ohne Absprache mit den Miterben solche Geschäfte auch tätigen darf. Ohne eine Absprache besteht zum einen die Gefahr, dass die Vollmacht von einem Erben widerrufen wird. Zum anderen entbindet auch eine Vollmacht nicht von der Pflicht zur Auskunft entsprechend der o.a. gerichtlichen Entscheidung.

Lassen Sie sich am besten anwaltlich beraten.



 
 
 

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